- Deutsche Mythologie
Deutsche Mythologie, die Wissenschaft von dem Kulte und den Mythen der heidn. Deutschen, schöpft nur aus spärlichen Quellen, kann aber aus der nordischen Mythologie, mit der sie im wesentlichen übereinstimmt, mit Vorsicht ergänzt werden. Oberster Gott in histor. Zeit Wuotan, niederdeutsch Wodan (nord. Odin [Tafel: Religionen I]), Wind und Toten-, später Himmelsgott, nächst ihm bedeutend Donar (sächs. Thunar, nord. Thor [Taf. I]), Gewitter-und Donnergott; den Kriegsgott, der einst die höchste Gottheit gewesen ist, nannten die Schwaben Ziu, die Sachsen Saxnot, die Bayern Eru (nord. Tyr). Unter den weiblichen Gottheiten bes. hervortretend eine große mütterliche Göttin Nerthus, die an der Ost-oder Nordsee verehrt wurde. Daneben Frija, Gemahlin Wodans, deren Schwester Volla, Göttin der Fülle; ferner Sunna, die Sonne, und ihre Schwester Sinthgunt, eine Gestirngöttin, die Tanfana, eine Göttin der Marsen, die Nehalennia, die am untern Rhein verehrt wurde. Außerdem glaubte man die ganze Natur von seelischen und dämonischen Wesen belebt, die zum Teil im Glauben an das Fortleben der Seele ihre Wurzel haben. Alp, Trude, Walküren, Werwölfe, Hexen, Holden und Perchten, Schwanenjungfrauen, Elfen, Wichte, Zwerge, Haus-, Wald-, Feld-, Wassergeister. In gebirgigen Gegenden wohnen Riesen. Verehrt wurden Götter und Geister durch Gebet und Opfer. Kultstätten, bes. in geweihten Hainen, wo sich auch die Götterbilder befanden. Opferzeiten wahrscheinlich zu Wintersanfang, in Mittwinter [Taf. I] und zu Sommersanfang. Eine besondere Rolle spielte der Zauber durch Runen (s.d.) und die Weissagung durch das Los oder die Beobachtung gewisser Handlungen (Wiehern der Pferde, Flug der Vögel). – Wissenschaftlich begründet ward die D. M. von Jak. Grimm (4. Aufl. 1875-78). Neuere Bearbeitungen: E. H. Meyer (1891 u. 1903), Mogk (2. Aufl. 1898), Golther (1895), Herrmann (1898), Kauffmann (2. Aufl. 1900).
http://www.zeno.org/Brockhaus-1911. 1911.